Erhalt von Kulturpflanzen des frühen Mittelalters
Veröffentlicht von Wolfgang Knoke · Sonntag 04 Jul 2021 · 2:30
Erhalt von Kulturpflanzen des frühen Mittelalters
Geradezu idyllisch präsentiert sich der Sachsenhof in Greven-Pentrup den Besucherinnen und Besuchern auch in diesem Sommer. Aber etwas ist anders als sonst. Hinter wogendem Getreide ist erstmals das neue Servicegebäude zu erkennen. Heute richten wir unser Augenmerk allerdings auf das Getreide, denn eines der vielen Anliegen des Fachgebiets Sachsenhof im Heimatverein Greven e.V. ist der Erhalt von Kulturpflanzen des frühen Mittelalters. So gehörten Urgetreidesorten wie der Emmer, auch Zweikorn genannt, zu den Grundlagen der damaligen Nahrung. Er zählt neben dem Einkorn zu den ältesten kultivierten Getreidearten. Wie die meisten älteren Arten ist der Emmer aber relativ ertragsarm. Allerdings ist er robust und weniger anfällig für Krankheiten. Trotz seiner guten Verarbeitungsmöglichkeiten wird er heutzutage kaum noch angebaut. Erst in jüngster Zeit erlebt das Getreide wieder einen Aufschwung, denn es gibt Backwaren einen besonders kernigen, würzigen Geschmack und liefert wichtige Nährstoffe.
Der Anbau ist selbst auf mageren und trockenen Böden möglich und das Urgetreide gilt als resistent gegen schädliche äußere Umwelteinflüsse. Zudem verfügt es über eine natürliche Abwehr gegen Pilzbefall. Die Pflanze kommt gut mit einem geringen Nährstoffangebot aus, wodurch sie relativ leicht zu kultivieren ist. Optisch ähnelt das Korn einem normalen Weizenkorn. Emmer zählt zu den Spelzgetreide-Sorten und die einzelnen Körner sind von einer festen Hülle, der Spelz, umschlossen. Diese macht das Getreidekorn länger haltbar, aber es erfordert auch einen zusätzlichen Arbeitsgang bei der Verarbeitung. In einer speziellen Mühle werden die Körner von ihrer Hülle befreit, ehe man sie zu Mehl vermahlen kann. Emmer-Mehl ist relativ grob, grießähnlich und kleberstark.
Emmer als Grundlage der damaligen Nahrung
Verglichen mit dem heutigen Weizen enthält Emmer wesentlich mehr Protein und ist besonders reich an Eisen und Mineralstoffen. "Besonders erwähnenswert ist der hohe Gehalt an Zink und Magnesium", weiss Liesel Drexler vom Sachsenhof-Team. "Zudem sind wichtige Carotinoide enthalten, welche insbesondere für die Sehkraft wichtig sind." Selbst Personen, welche an einer Weizenunverträglicheit leiden, vertragen es recht gut. Dennoch ist darin Gluten enthalten, was die Verwendung durch an Zöliakie Erkrankten ausschließt. Eines kann man dank des Engagements der Aktiven vom Sachsenhof aber hautnah erfahren: Emmer zählt nach wie vor zu den gesündesten Lebensmitteln. Die Ursache dafür ist auf die zahlreichen Eiweiße und Mineralstoffe des Getreides zurückzuführen.
Heute weiss man, dass sich dieses Urgetreide trotz der klebrigen und zähen Konsistenz hervorragend für die Brotherstellung eignet. So erhalten Backwaren aus Emmer eine charakteristische dunkle Farbe und einen besonders würzigen Geschmack. Und getreu dem Motto "Frühmittelalter trifft Moderne" wird der Emmer im Bäckerhandwerk mittlerweile wieder für neue Brotkreationen mit speziell entwickelten Rezepturen eingesetzt.
Wer sich persönlich über die Vielfalt der am Sachsenhof angebauten Kulturpflanzen informieren möchte, kann dies gerne tun. Die Anlage ist durchweg zugängig.
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